Wer schafft die AR-beit?

Augmented Reality in 2019 - Was kann das und wer braucht das?

Vor einigen Wochen ging es hier im Blog um die verschiedenen Erwartungshaltungen, die Menschen an Virtual Reality Erfahrungen stellen – und darum, inwieweit diese zum jetzigen Zeitpunkt auch tatsächlich schon erfüllt werden können (nachzulesen hier).

Mittlerweile hat Junge Römer ein erstes großes Augmented Reality Projekt für einen internationalen Konzern fertig gestellt, und jetzt dürfen wir täglich mit großer Spannung mitverfolgen, wie die User auf unser neues Baby reagieren. Was erwarten die Leute von einer Technologie, um die ein ähnlicher Hype wie um VR betrieben wird, die aber technologisch wie inhaltlich noch viel mehr in den Kinderschuhen steckt?

ar
2019

Der Masse taugts, die Avantgarde rümpft die Nase.

Die Headline bringt es bereits auf den Punkt: Der Großteil der User – und es sind glücklicherweise eine ganze Menge – hat einfach Spaß daran, ein unkompliziertes, kurzweiliges AR Game auf den Screens ihrer Smartphones oder Tablets zu spielen, ohne den tatsächlichen „Nutzen“ der App oder die Bedeutung des Spiels für den weiteren Werdegang von AR Technologie(n) zu hinterfragen. Konnten wir deren Erwartungshaltung erfüllen? Sieht zumindest so aus.

Es gibt aber auch ein kleines Grüppchen von Personen, denen Augmented Reality, genau wie uns, besonders intensiv am Herzen liegt, und die in den sozialen Medien angesichts einer AR App wie der von uns produzierten, überaus kritische, wenn auch berechtigte Fragen und Bemerkungen in den Raum stellen. Solche Erfahrungen würden die Möglichkeiten von AR nicht wirklich ausreizen, sagen sie. Sie wären zu kurz gedacht, zu oberflächlich, nicht hinreichend immersiv, und es würde nicht viel länger als eine Minute am Stück Spaß machen, AR „nur“ auf dem Handy-Screen zu konsumieren.

Stimmt das? Ist es eine schlechte Idee, spaßige AR-Gimmicks für Smartphones zu produzieren, die vielleicht keine Revolution der Realitäts-Wahrnehmung herbeiführen, das Internet neu erfinden und die Weltordnung auf den Kopf stellen, sondern einfach nur einigen Menschen für ein paar Minuten Freude bereiten? Sorgen wir etwa dafür, dass AR so etwas wie einen schlechten Ruf bekommt?

Okay, zugegeben: Ein gescheites AR-Headset, durch das man die erweiterte Realität auf richtig immersive Weise betrachten kann, ähnlich wie es im VR-Bereich schon lange möglich ist, hätten wir auch gerne. So etwas existiert nur leider nicht. Es gibt natürlich Microsofts HoloLens, das Magic Leap Dings und noch einige andere Prototypen, die vorerst noch im Kickstarter-Limbo vor sich hin vegetieren. Diese Geräte hat allerdings genau NIEMAND. Und NIEMAND ist weder unsere Zielgruppe, noch die unserer geschätzten Kunden. Unsere Zielgruppe ist viel mehr JEDER. Und JEDER hat ein Smartphone.

Wer schafft die AR-beit?
Die Wirtschaft schafft die AR-beit!

Na sorry, man verzeihe uns bitte die Anspielung auf diese berühmte Aussage der österreichischen Ex-Asozialministerin, aber zumindest in diesem Fall passt der abgewandelte Sager einfach richtig gut. Wir als überzeugte AR-Enthusiasten finden nämlich, dass es genau gar nix bringt, untätig im stillen Kämmerchen zu schmollen und eben mal fünf Jahre oder so zu warten, bis Magic Leap (eher nicht) oder Microsoft (schon eher) oder jemand ganz anders (am ehesten) es fertig gebracht hat, eine leistbare, performante AR-Brille für den Massenmarkt zu präsentieren, um dann quasi aus dem Nichts der Welt unsere, mit imaginärem Eigenkapital und unter Einsatz unseres Lebens, unserer Seelen und unserer Erstgeborenen in Windeseile zusammenge­bastelte AR Killer-App hinzulegen.

Wir finden, es ist weitaus sinnstiftender, mit dem zu arbeiten, was jetzt schon vorhanden ist. Kleine Schritte zu machen. Wissen zu erwerben. Draufzukommen, was gut geht, was ein bissl geht und was gar nicht geht. Idealerweise schaffen wir all das und werden sogar noch dafür bezahlt. Von Kunden, die unsere Einstellung teilen, und die gerne bereit sind, gemeinsam mit uns den Traum einer vielfältigen, durch digitale Inhalte erweiterten Realität Stück für Stück zu verwirklichen.

Es ist nicht nur völlig okay, sondern sogar notwendig, Werbe-Gimmicks, Instagram-Filter und vergleichbare Spielerein im AR-Bereich zu realisieren, wenn man möchte, dass der Hype-Train weiter Geschwindigkeit aufnimmt und eine nachhaltige Branche entsteht, in der Leute für ihre Arbeit bezahlt werden, davon leben können und immer besser darin werden – damit AR als solches immer besser wird.

AR ist keine heilige Kuh, der man sich nur vorsichtig und auf leisen Sohlen nähern darf, um sie nicht zu verschrecken. AR ist für alle da und darf alles sein. Es wird noch sehr viel Zeit, sehr viel Talent und Kreativität, sehr viel Man- und Womanpower und vor allem sehr viel Konzern-Kohle nötig sein, bis wir endlich eine angenehme VR-Brille auf unserer kollektiven Nase tragen werden, mit der wir uns durch eine umfassend augmentierte Welt bewegen können, ohne uns dabei ein Smartphone vor den Kopf halten zu müssen.

Wenn wir aber nie mit der AR-beit beginnen und nie dafür bezahlt werden, wenn wir uns zu schade dafür sind, Dinge zu produzieren, die einer breiten Masse gefallen, dann wird so ein Szenario am Ende wahrscheinlich nie eintreten.

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Michael Lenzinger

Michael Lenzinger

Schreibt allerhand. Creative Director / Partner bei Junge Römer. Clowngitarrist bei You Should See the Other Guy
Michael Lenzinger

Michael Lenzinger

Schreibt allerhand. Creative Director / Partner bei Junge Römer. Clowngitarrist bei You Should See the Other Guy